Ein Ritual mit Folgen: Beschneidung

Vorausschicken möchte ich, dass die Beschneidung von Mädchen eine grausame Genitalverstümmelung ist, die durch keine medizinischen Gründe gerechtfertigt werden kann. Die heute übliche englische Bezeichnung Female Genital Mutilation, kurz FGM, bringt dies ebenfalls klar zum Ausdruck.

Mit der Beschneidung von Jungen, der Zirkumzision oder Entfernung der Vorhaut, verhält es sich anders. Vor einiger Zeit wurde in Deutschland heftig darüber gestritten, ob auch sie grundsätzlich verboten werden sollte, sofern nicht medizinische Gründe dafür vorliegen. 

Unabhängig von diesen Überlegungen gehört die Beschneidung männlicher Kinder für Muslime zur Tradition. Anders als im Judentum, wo die Beschneidung als religiöses Gebot gilt, ist sie im Islam nicht ausdrücklich im Koran vorgeschrieben. Dennoch gilt sie als übliches Zeichen der Zugehörigkeit zum Islam. Die Beschneidung erfolgt in der Regel, bevor das Kind das 13. Lebensjahr erreicht hat. 

Die Beschneidung ist ein wichtiges Übergangsritual für Jungen und wird mit einem mehr oder weniger großen Fest gefeiert, je nach Möglichkeit und Wunsch der Familie. Türkische Familien nennen das Beschneidungsfest Sünnet Düğünü. Die Jungen werden mit Fantasieuniformen und vielen Geschenken über die erlittenen Schmerzen der Beschneidung hinweggetröstet. Als Übergangsritual könnte die Beschneidung im weitesten Sinne mit der Bedeutung von Kommunion oder Konfirmation in christlichen Familien verglichen werden. Allerdings fehlt ein solches Übergangsritual für muslimische Mädchen.

Circumcision ceremony, Skopje 2013 (19)

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